AW: Lehrerin sein kommt scheint's nicht gut an
Hallo Maddib !
Deinen Beitrag habe ich nicht in den falschen Hals gekriegt, im Gegenteil, ich finde es gut, dass du etwas mehr in die Tiefe gegangen bist. Ich buddel jetzt mal noch ein bisschen weiter…
der standard lehrer hat - im durchschnitt - "die schule niemals verlassen": schule - uni - schule. abweichungen gibt's natürlich immer, aber das wäre der direkteste weg - der laufbahn von ausbildung und beruf. das ist - der beruf lässt kaum anderes vermuten - ziemlich einmalig ;-).
Ja , das hast du Recht. Während meines Studiums (ich bin auch noch ausgerechnet Grundschullehrerin) wurden wir an der Uni von vielen die „Mäuschen“ genannt : jede Menge süßer kleiner Mädchen mit Pipsstimme, die jedes WE zu Mama und Papa nach Hause fuhren und dann mit null Lebenserfahrung mit Anfang 20 auf die Schüler losgelassen wurden.
Ich habe auch mal irgendwo gelesen, dass oft eher schüchterne, unsichere Personen den Lehrerberuf ergreifen, weil sie glauben, den Lebensbereich zu kennen und sich dann sicherer fühlen.
wohl jeder andere beruf, ob im öffentlichen dienst oder in der privatwirtschaft, schaut gänzlich anders aus - auch von der wahrgenommen arbeitszeit - von uni profs vielleicht mal abgesehen ;-).
auf jeden fall hat der beruf des standard lehrers wenig bis nichts mit privatwirtschaft zu tun. und in der regel dürfte wohl gelten - einmal lehrer - immer lehrer. also festlegung auf einen ausgeübten beruf von beginn an - nicht immer, aber häufig/meistens(?).
Was meinst du damit bloß ? Als Lehrer ist man meistens Beamter und hat damit einen sicheren Job auf Lebenszeit – das ist natürlich ein gravierender Unterschied zur Freien Wirtschaft, aber das gilt für ALLE Beamten, nicht nur für Lehrer.
Wenn die Schüler mittags nach Hause gehen, ist für mich die Unterrichtszeit vorbei – aber ganz sicher nicht die Arbeitszeit. Ich bin immer wieder fassungslos, wenn ich merke, andere Leute denken, ich hätte dann „frei“. Für die Vor- und Nachbereitung von Unterricht brauche ich zwischen 1-4 Stunden täglich und das ist wirklich nichts außergewöhnliches. Sonntag ist auch einer meiner Hauptarbeitstage. Nur weil ich ein Konto bei der Bank habe, kann ich nicht beurteilen, was und wie ein Banker arbeitet. Nur , weil man selber mal zur Schule gegangen ist, kann man nicht beurteilen, was und wie ein Lehrer arbeitet.
Ich muss manchmal grinsen, wenn ich sehe, zu welchen Uhrzeiten hier gepostet wird - sehr viel in den normalen Arbeitszeiten. Haben die alle gerade zufällig Urlaub oder sind alle krank ? Nur, weil jemand sich 10 oder mehr Stunden außer Haus befindet, heißt das nicht zwingend, dass er die ganze Zeit hochkonzentriert und intensiv arbeitet.
Ein Postbote ist sein Leben lang Postbote, ein Arzt ist Arzt, ein Logistiker ist Logistiker und ein IT-Spezialist ist sein Leben lang mit Computern beschäftigt. Auf den ersten Blick ist ein Lehrer Lehrer – aber es ist nicht so eine langweilige Sackgasse, wie man glauben könnte. Ich habe Kolleginnen, die Unterrichtsmaterialien entwickeln und mit Verlagen zusammenarbeiten, die sich in Personalräten und der Gewerkschaft politisch engagieren, die künstlerisch aktiv sind und da Kurse geben oder in kleinen Ateliers ausstellen. Es gibt Spezialisten für Spracherwerb und die Integration ausländischer Schüler und für Deeskalationsstrategien unter Kindern. Ich selber führe Lehrerfortbildungen durch, auch an Deutschen Schulen im Ausland, und ich bin nebenher Fitnesstrainerin und habe viele Jahre Kurse in Fitnessstudios gegeben.
Werden wir Lehrer in Watte gepackt, kennen die „harte Welt“ nicht ? Wir können nicht gekündigt werden, aber wir können auch nicht „einfach so“ weggehen, wenn wir das möchten. Und Mobbing gibt es auch massiv von Schulleitungen, Kolleginnnen und Eltern. Unter den Beamten haben die Lehrer die höchste Quote unter denen, die erwerbsunfähig werden. Alles faule Langeweiler ? ;-)
zudem ist ein lehrer berufswegen sehr darauf fixiert, anderen etwas beizubringen und sie zu beurteilen. jeder beruf - auf die eine oder andere art und weise - färbt irgendwann auch auf die persönlichkeit ab - mal mehr, mal weniger.
Wir sind Experten und geben unser Wissen weiter – machen das nicht viele Berufstätige ? Ist nicht auch ein Ernährungsberater und ein Arzt ein Besserwisser, ein Jurist und ein Ausbilder in der Automobilindustrie ? Färbt auf einen Kripobeamten ab, dass er auch mal klaut oder seine Kinder verhört ? Färbt auf einen Journalisten ab, dass er versucht, die peinlichen Geschichten seiner Nachbarn aufzudecken ? Färbt auf einen Banker ab, dass er privat nur noch spart oder sein Geld in riskante Investitionen steckt ?
Unterrichten bedeutet heutzutage nicht, vor der Klasse zu stehen und mit erhobenem Zeigefinger zu dozieren. Das sind Max-und-Moritz-Zeiten.
Heutzutage muss man aufgrund der extremen Verschiedenheit der Kinder nur noch Lernwege anbieten und beraten - dozieren ist so ziemlich das letzte, was zu effektivem Lernen führt.
Wenn ich Leute kennenlerne, die meinen Beruf nicht wissen, kommt NIEMALS jemand auf die Idee, mich zu fragen, ob ich nicht zufällig Lehrerin sei, weil ich ja so besserwisserisch sei. Wissen die Leute es aber, kommt mit Sicherheit irgendwann mal eine Anspielung. Komisch…..
Ich weiß, du sprichst von dem „Standardlehrer“ – aber wer ist das oder was soll ein „Standardlehrer“ beweisen ?
Du kannst mir glauben, ich kenne ganz ganz viele schreckliche Lehrer, die jeden Tag aufs neue beweisen, dass die Vorurteile doch IRGENDWIE stimmen… Aber es sind und bleiben Vorurteile :
"Alltagssprachlich ist ein Vorurteil ein vorab wertendes Urteil, das eine Handlung leitet und in diesem Sinne endgültig ist. Es ist eine meist wenig reflektierte Meinung – ohne verstandesgemäße Würdigung aller relevanten Eigenschaften eines Sachverhaltes oder einer Person. Anders als ein Urteil ist das wertende Vorurteil für den, der es hat, häufig Ausgangspunkt für motivgesteuerte Handlungen, manchmal zweckdienlich, ein andermal zweckwidrig. " (wikipedia)
Wer jedes Profil wegklickt, nur wegen des Berufs „Lehrer“ , hat eindeutig ein Vorurteil.
Und ich kann nur wiederholen : ein Glück, dass die mich wegklicken. Dann muss ich wenigstens nicht auf frustrierende Weise „beweisen“, das ich nicht so bin.