AW: Wo bleiben die netten Männer?
Zitat von Heike:
Bin mir nicht sicher, ob ich dich richtig verstehe. Also, du selbst siehst dich als netten Kerl, aber nicht als nice guy. Wobei der Unterschied nicht darin besteht, daß sie erfolglos sind und du erfolgreich, weil du ja selbst betonst, im Datinbereich eher erfolglos zu sein. Worin besteht denn der Unterschied? Oder baust du selbst an diesem Mythos mit und bist deswegen nicht nur netter Kerl, sondern auch ein solcher nice guy?
NIcht ganz klar ist mir auch der Rückblick in die Geschichte. Verstehe ich dich recht, daß du meinst, in früheren Zeiten hätte es der nice guy oder zumindest der nette Kerl leichter gehabt als heute - eben weil die Eigenschaften des netten Kerls besser zu den früheren Anforderungen an Männer in Partnerschaften gehört haben? Welche wären das denn?
Natürlich wäre ich vermessen, würde ich behaupten, ich würde es bei einem Date nicht darauf anlegen der Frau insgesamt näher zu kommen. Deswegen gehe ich auf das Date. Es ist bei mir aber keine Masche. Dieses "Nice Guy" Syndrom ist, genau wie diese Macho-Schiene, eine Masche: "Wenn ich immer für sie da bin und alles für sie mache, dann ist sie mir Respekt schuldig und erkennt irgendwann, was für ein toller Kerl ich eigentlich bin." Die wenigsten richtigen Machos sind so, weil das ihrem naturell entspricht, sondern weil sie der Meinung sind, dass es sie männlicher macht. Männer definieren sich untereinander viel stärker über ihre Sexualität und ihre Fähigkeit Frauen anzuziehen, die auch von anderen Männern in ihrer Umgebung als attraktiv wahrgenommen werden. Ein Freund von mir, der schon sehr lange Single ist, ist da ein sehr gutes Beispiel: Er ist eher klein und schmächtig, hat aber IMMENSE Machoallüren. Er beschwert sich ständig darüber, dass er bei den Frauen ja keine Chance hätte, weil er ja klein und schmächtig sei, und wie oberflächlich Frauen doch seien. Im selben Atemzug erzählt er von seinen Erwartungen an das Aussehen (ich habe ihn noch NIE über Charakterzüge sprechen hören), und die spielen sich irgendwo im Bereich Supermodel ab.
Wenn ich sage, dass ich mich für einen ganz natürlich netten Mann halte, dann heißt das nicht, dass ich ein Fußabtreter bin. Ich bin höflich, respektvoll und tatsächlich aufrichtig an meinem Datepartner interessiert. Ich bin aber nicht der Typ, der "natürlich" die Rechnung zahlt als Mann, oder gleich beim ersten Date anbietet, ich könnte ihr ja beim Umzug helfen oder so etwas. Ich wahre in dieser Hinsicht schon aus Selbtschutz Distanz. Ich kenne die Seite, wo man aus Verzweiflung und EInsamkeit alles für eine Frau machen möchte, damit sie einen ja nicht fallen lässt und man sich weiterhin der Illusion hingeben kann, irgendwann wird sie einen schon erhören. Habe ich mich schon vor langer Zeit von verabschiedet, weil das unter meiner Würde ist. Genau wie der Versuch "männlich" zu wirken, in dem ich Frauen durch irgendetwas, was ich nicht bin, zu beeindrucken suche... oder überhaupt jemanden, in der Hinsicht. Ich bin eben auch etwas abwartend, weil ich nicht von Anfang an eine einseitige Beziehung möchte, wo einer dem anderen hinterherrennt.
Ich hatte noch nie ein zweites Date mit einer Frau, selbst wenn man sich noch so gut verstanden hat (auch danach noch über E-mail, Facebook und Co.), das zweite Date wird anberaumt, und fast wie nach Uhrwerk einen Tag vorher abgesagt. Ich kann mir allerdings nach den Schilderungen in diesem Beitrag nicht vorstellen, dass im Datingbereich, der auf langfristige Beziehungen ausgelegt ist, der "Macho-Arsch" sonderlich viel erfolgreicher ist. Ich kann von mir behaupten, dass fast alle meine ersten Dates sehr vergnüglich sind, sowohl für mich als auch für die Frau, alles andere... ja, das werde ich wohl nie erfahren.
Bezüglich des letzten Teils: Ich meine damit nicht, dass man es als "netter Kerl" "früher" (was auch immer das heißen mag) leichter hatte. Sondern als Mann mit seiner Männlichkeit im Reinen zu sein. Bei einer klaren Rollenverteilung stützt sich dein Selbstverständnis als Mann eben auf eher körperliche Eigenschaften, Größe, Stärke, Kampfkraft, die Fähigkeit die Familie zu versorgen. Es ist eine richtige und wichtige Entwicklung, dass dieses antiquierte Rollenbild zunehmen aus unserer westlichen Kultur verschwindet, denn diese Eigenschaften sind entweder nicht mehr überlebenswichtig, oder sie können von Frauen genauso gut ausgeführt werden. Um ein Computerprogramm zu schreiben braucht man kein breites Kreuz, auf dem man Beute nach Hause schleppen kann. Eine Niere zu transplantieren erfordert keine langen, kräftigen Arme um den Speer zu schleudern. Die mentalen Unterschiede zwischen Mann und Frau sind zwar definitiv vorhanden, aber sie sind bei weitem nicht so gewaltig, wie die körperlichen. Und diese körperlichen Vorzüge waren es, die uns Männer von ganz alleine definiert haben. Ich selbst bin sehr gut in Form, ich treibe jeden Tag Sport, ich bin ziemlich groß und muskulös. Bringen tut mir das in meinen Bemühungen um eine Partnerin offensichtlich nichts.